Samstag, 5. September 2015

Flann Roarke

Der Kapitän beobachtete ruhig Elias' Reaktion auf sein Angebot und war nicht verwundert darüber, wie sie ausfiel.
Auf keinen Fall hatte er damit gerechnet, dass der Jüngere gleich aus dem Nähkästchen plauderte und so antwortete er ihm mit einem stummen kurzen Nicken und trat zur Seite, um dem Argentinier den Weg nicht weiter zu versperren.
Er schaute ihm auch nicht nach, als der Stürmer daraufhin wortlos das Zimmer verließ, sondern ging zu seinem Bett und setzte sich.
Der Rothaarige starrte auf den Boden und stützte seinen Oberkörper mit den Ellebogen auf seine Knie.
Am liebsten hätte er Elias irgendwie dazu gedrängt, sich ihm anzuvertrauen, doch hätte dies nur den gegenteiligen Effekt gehabt und zwar, dass der Junge ihm sein Vertrauen ganz bestimmt niemals schenken würde, wenn dieser sich von ihm bedrängt fühlte.
Doch trotz allem Verständnis, welches er für Elias hatte, spürte der Ire doch einen leichten Zorn darüber, dass er nicht mit ihm sprechen

Ich will dir doch bloss helfen

Schwer seufzend erhob er sich von seinem Bett und überlegte, was er mit dem restlichen Tag anfangen könnte.
Auf die Gesellschaft seiner Teamkollegen konnte er gewiß verzichten und überhaupt war ihm nicht nach feiern zumute.
Er wollte lieber diesen unangenehmen Zorn loswerden und nichts dient dem Abbau eben solcher Gefühle besser, als körperliche Ertüchtigung.
So beschloss er kurzerhand, dem Fitnessraum, welches das Hotel im Kellerbreich anbot, einen Besuch abzustatten.
Er zog seine Trainingsklamotten an, schnappte sich ein Handtuch und seine Trinkflasche, die er mit Wasser befüllte und begab sich in die unterste Etage.

Das Studio war groß und hell. Dazu hatten die Trainingsgeräte einen guten Abstand voneinander, sodass man sich nicht beengt beim Training fühlte.
Der Kaitän besetzte ein Gerät nach dem Anderen und wechselte immer nach 30 min.
Wärend er seine Muskeln abwechselnd anspannte und entspannte, rhythmisch atmete und seine Außenwelt völlig ausblendete, dachte er weiter über das nach, was sich in seinem Zimmer abgespielt hatte.
Der Zorn war schon längst entwichen, gerade als sich Flann bewusst wurde, woher diese eigentlich stammte.
Er galt nicht Elias, es war vielmehr die eigene Machtlosigkeit, mit der er sich konfrontriert sah. Sicher hatte er in der Vergangenheit in den Nachrichten des Öfteren davon gehört, wenn es ein neues Vergewaltigungsverbrechen gab oder häufig wurde dieses Thema auch in irgendwelchen Kriminalsendungen aufgegriffen. Es hatte ihn zwar nie wirklich kalt gelassen, aber wirklich beschäftigt hatte es ihm auch nicht.
Wärend er davon hörte, hatten die Opfer und Angehörigen sein Mitgefühl, doch sobald die Medien andere Themen bearbeiteten, war auch seine Aufmerksamkeit woanders.
Doch dieses Mal war es anders.
Dieses Mal war das Opfer nicht einfach ein fremdes Gesicht, dieses Mal war es ein Teamkollege. Und dazu hatte er sich auch noch mit ihm angefreundet.
Dieses Mal würden seine Gedanken nicht davon abschweifen, nur weil er von etwas Anderem hörte. Doch war Elias anzubieten, mit ihm zu reden, alles was er tun konnte.
Er konnte ihn nicht dazu zwingen, den Kerl anzuzeigen oder dass er ihm davon berichtet, alles was in seiner Macht lag, hatte er bereits getan und das war nicht genug für sein Empfinden.
Doch weil es nichts mehr gab, was er tun konnte, so stieg die Wut in ihm auf und Flann fühlte sich mies, weil er für einen Moment glaubte, wütend auf Elias zu sein, hatte dieser doch das schwerste Los gezogen.

Die Stunden vergingen und Flann's Körper war nassgeschwitzt von dem harten Training, welchem er sich unterzogen hatte.
Bei all den Gedanken hatte er vollkommen vergessen, etwas zu trinken und so hob er die Flasche an, wärend er das Studio verließ und leerte sie.

In seinem Zimmer warf er achtlos seine durchgeschwitzte Kleidung auf dem Boden und stellte sich unter die Dusche. Als das kühle Nass seine heiße Haut berührte, zuckte er zusammen, doch genoss er das prickelnde Gefühl auf seinem Körper. Da bemerkte er auch, wie sehr er diesen die letzten Stunden beansprucht hatte und es fiel ihm ein, kaum etwas gegessen zu haben.
Jedoch fühlte er sich nicht sonderlich hungrig, er stellte das Wasser ab, rieb sich trocken und zog bequeme Sachen über.
Alles, woran er dachte, war Schlaf.
Zwar war es noch nicht allzu spät und sonst würde Flann diese Tageszeit als "mitten am Tag" bezeichnen, doch war ihm völlig gleich, dass die Uhr nicht einmal 9 geschlagen hatte und verkroch sich unter die Bettdecke. Kurz bevor er einschlief überkam ihn das Gefühl, etwas vergessen zu haben.

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